Wie steht es aktuell um den Gefahrguttransport auf Schweizer Pässen?
Auch heute werden auf der Strasse über den Simplonpass Gefahrgüter transportiert. Ein untragbares Risiko, das wir nicht länger hinnehmen wollen!
Kurve um Kurve, bis über 2’000 Meter hinauf und wieder den Pass runter, die Bremsscheiben glühen. Die Lastwagen sind auch beladen mit Gütern, die aufgrund ihrer Eigenschaften eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstellen. Eine kurze Unachtsamkeit, ein technischer Fehler und es ist passiert: Ein einzelner Unfall reicht, um ganze Lebensräume zu zerstören.
Schon früh wurde ein Fahrverbot für Gefahrguttransporte (GGT) über die Alpenpässe eingeführt – mit Ausnahme des Doch warum bildet genau der Simplonpass eine Ausnahme? Es wurde argumentiert, dass dies aufgrund der offenen Streckenführung auf dieser Achse und dem tieferen Schadensrisiko durch den geringen täglichen Verkehr die GGT ohne besondere Bewilligung möglich sein muss. Fakt ist, dass die chemische Industrie in der Romandie und im Wallis von einem für Gefahrgüter offenen Pass profitiert, um über Norditalien Chemieprodukte einzuführen oder zu exportieren– gerne über die billige Strasse.
Die Ausnahme am Simplon ist nicht länger hinnehmbar. Nach intensivem und Überzeugungsarbeit von Pro Alps anerkannte der Bundesrat 2017 die Gefahren solcher Transporte und gab eine Risikostudie in Auftrag. Diese führte lediglich zu einer Selbstverpflichtung der regionalen Chemieindustrie. Der Bundesrat scheint die Interessen des Kantons Wallis und der Chemieindustrie dem Schutz der Umwelt, der Anwohnenden und weiterer Verkehrsteilnehmenden vorzuziehen. Es gibt also noch viel zu tun!
11 % der Fahrzeuge
am Simplon sind Lastwagen, davon haben 9 Prozent Gefahrgüter geladen, so dass 25 bis 30 Gefahrguttransporte pro Tag stattfinden.
90 % der Gefahrguttransporte
auf alpenquerenden Strassen finden über den Simplonpass statt. Für den Gotthard- und San Bernardino Tunnel sind Ausnahmebewilligungen möglich.
8’000 bis 10’000 Lastwagen
Fahren pro Jahr den gut 2’000 Meter hohen Simplonpass hoch und wieder hinunter.
Weitreichende Folgen
Nur schon ein einzelner Gefahrgut-Unfall kann dramatische Folgen für Umwelt und Bevölkerung haben – vor Ort am Simplonpass und über die Wasserläufe bis hinunter zum Genfersee und zum Lago Maggiore.
Brenzlige Chemieprodukte
Die transportierten Gefahrgüter umfassen hauptsächlich Diesel, Benzin, Heizöl und Epichlorhydrin. Letzterer wird für die Herstellung von Lacken benötigt und gehört laut Risikoanalyse des Bundes verlagert – zum Schutz der Oberflächengewässer.
Wissen ist da, aber längst noch nicht überall angekommen
Am Grossen Sankt Bernhard (VS/I), am Gotthard (UR/TI) und am San Bernardino (GR/TI) sind Gefahrguttransporte auf der Strasse aus Sicherheitsgründen verboten. Wieso nicht auch am Simplon (VS/I)?
Die Gefahr fährt mit!
2015 raste ein mit hochexplosivem Aceton beladener Lastwagen mit 100 km/h den Simplon hinunter. Da die Bremsen versagten, stoppte die Fahrt erst, als der Lastwagen über ein Brückengeländer schoss, in ein Biotop stürzte und explodierte.
Wieso gehören Gefahrguttransporte auf die Schiene?
Die Gefahrguttransporte am Simplon sind tickende Zeitbomben für Mensch und Natur. Nur eine Verlagerung auf die Schiene kann einen sichereren Transport gewährleisten.
Der Bundesrat hat im Verlagerungsbericht 2023 seine Einschätzung der «Roadmap 2025» des Kanton Wallis zur Reduktion der GGT am Simplon-Strassenübergang gegeben. Er erwartet eine Intensivierung der Bemühungen durch den Kanton Wallis und die Fachverbände. Daher hat er vorerst auf eine Vernehmlassung zu einem Verbot von GGT auf dem Simplon verzichtet.
Anstatt auf die Selbstverpflichtung der Industrie zu vertrauen, soll der Bund auf eine langfristige und tragbare Lösung abzielen. Konkret: Es soll ein generelles Verbot für den Transport von gefährlichen Gütern auf Strassentransitachsen durch die Alpen umgesetzt werden.
Der besondere Stellenwert des Simplon für Gefahrguttransporte zeigt sich in den Import- und Exportverkehren aus und in die Regionen Genf, Waadt & Wallis. Selbst laut der Risikoanalyse des Bundes gehört vor allem Epichlorhydrin, das für die Herstellung von Lacken gebraucht wird, verlagert.
Angesichts der Zunahme von Gefahrguttransporten und der häufigen Mängel an den Lastwagen ist es höchste Zeit, die Verlagerung voranzutreiben. Das Einrichten eines Verlads für Lastwagen mit Gefahrgut zwischen dem Rhonetal und Domodossola soll beschleunigt werden. Der Simplontunnel bietet eine Alternative, die für Mensch und Umwelt weniger risikobehaftet ist. Wir bleiben dran!
«Gefährliche Güter am Simplon sind eine tickende Zeitbombe. Sie müssen mit der Bahn transportiert werden!»
Was wir tun
Für Pro Alps sind Gefahrguttransporte über die Alpen inakzeptabel. Deswegen setzen wir uns für ein Verbot auf allen Schweizer Pässen ein!
Wir sensibilisieren
Auf unseren Kommunikationskanälen klären und zeigen wir auf, wie hoch die Dringlichkeit des Verlads auf die Schiene ist.
Wir überzeugen
Wir stehen im Austausch mit zentralen Akteuren und machen uns auf Bundesebene stark für ein generelles Verbot von GGT über die Simplon-Passstrasse.
Wir aktivieren
Mit medienwirksamen Aktionen und mit einer Animationzu einem möglichen Unfallszenario zeigen wir auf: Das Risiko ist für Mensch und Natur zu gross. Deshalb sollen Gefahrguttransporte auf die Schiene verlagert werden!